Veröffentlicht am: 03/11/2020   von Barbara Schneider

Wir sind dann mal weg – Hofhelfertag mit Landschaftspflege

Einmal Landwirt:in sein dürfen, auf einem großen Trecker mitfahren, Ziegen streicheln, Kühe kraulen, Landschaftspflege im Schwarzwald betreiben und am Abend mit der Bauernfamilie am gut gedeckten Tisch sitzen. Duo ein Highlight dürfen wir einmal im Jahr erleben. Beim Hofhelfertag. Dieses Mal bei Ewald Klingele in Tunau. 

Es war einer dieser schönen Herbsttage mit Sonnenschein und ersten erkennbaren Verfärbungen in der Schwarzwälder Landschaft, die das Einläuten der goldenen Jahreszeit nicht mehr länger verleugnen lässt. Niklas und ich sind auf dem Weg nach Tunau, einem nicht mal 200 Seelendorf, das zu Schönau im südlichen Schwarzwald gehört. Mein Vater würde es, der Abgeschiedenheit und Romantik dieser Ortschaft geschuldet, als ” St. Nikolaus-Schutzgebiet” bezeichnen. In unserer Familie eine durchaus positiv behaftete Beschreibung von Idylle, wie sie im Buche steht. Neugierig wird unser Auto mit Freiburger Kennzeichen beäugt. “Wer isch des?” fragt sich bestimmt der ein oder andere Wunderfitz (neugierige Person auf Alemannisch).

Ewald Klingele – u. a. Vorsitzender vom Ziegenzuchtverein und Cowfunding Landwirt –  erwartet uns und freut sich sichtlich über unseren Besuch. Obwohl, von “Besuch” kann eigentlich nicht die Rede sein. Wir sind ja schließlich zum Arbeiten da.

Warum Hofhelfertag? 

Einmal im Jahr unterstützen wir Landwirt:innen aus dem Biosphärengebiet Südschwarzwald bei der Landschaftspflege ihrer Flächen. Für uns ist das immer wieder eine tolle Möglichkeit, um unsere Landwirt:innen zu besuchen und über die Rolle der Landwirtschaft für den Naturschutz ins Gespräch zu kommen. Entstanden ist diese Routine aus der engen Zusammenarbeit von Cowfunding mit dem Biosphärengebiet Südschwarzwald, die uns auch in der Gründungsphase unterstützt hatten.

Die Flächen, um die es heute geht, liegen an Steilhängen im Schwarzwald und werden von Landwirt Ewald Klingele durch Ziegen offen gehalten. Sie weist außerdem viele schwarzwaldtypische Besonderheiten, wie Steinhaufen und alte Weidebäume auf. Da helfen wir doch gerne mit.

Auf den Trecker, fertig, los

Genau so hatte ich es mir vorgestellt. In der Ladeschaufel eines großen Treckers machen es sich Niklas und ich für den Transport zum Arbeitsplatz bequem und werden von Ewald durch das unverwechselbare Panorama des Schwarzwalds chauffiert. Mit ner Menge Zugkraft und einem Gefährt, dessen Räder meiner Körpergröße entsprechen, geht es rauf auf die Steilhänge. Aber zunächst gibt es einen Zwischenstopp bei einer Weide mit ersten Hinterwälder Jungrindern. Bilderbuchähnlich und perfekt positioniert für unsere Kameras zeigen uns die Damen, wie passend sie für diese Umgebung gemacht sind. Die Ziegen, die auf der oberen Hälfte der Weide beheimatet sind, kommen uns neugierig entgegen. Der Bezug und die Vertrautheit, die Ewald mit seinen Tieren aufgebaut hat ist verblüffend und rührend zugleich. Wir können kaum die Kameras wegstecken – es ist einfach zu schön zu beobachten, wie Ewald seine Ziegen in aller Freundschaft betüdelt. Jede der Ziegen hat einen phantasievollen Namen, der zu Aussehen und dem Charakter genau passt – und von Ewald ausgiebig und stolz verwendet wird.

Ran an die Arbeit

Wir sind ja nicht zum Vergnügen da, aber irgendwie fühlt es sich genau danach an. Der wiederholte Blick auf die Schwarzwaldkulisse und die von Biosphärengebiet geschützten Naturwiesen verfrachten sowohl Niklas als auch mir ein verträumtes und schwarzwaldverliebtes Lächeln ins Gesicht. Unsere Aufgabe heute ist, die Drähte der Zäune abzuspannen. Wildwechsel und wilde Skifahrer:innen sollen nicht gefährdet werden, wenn im Winter der Schnee fällt und es auf den Steilhängen heiss hergeht. Mit dem Abhängen der Drähte wird niemand beim Überqueren der Weide gefährdet. Ob auf Pfoten, Hufen oder Ski unterwegs. Ewald fühlt sich verantwortlich und das in gleicher Weise für Tier und Mensch. Uns gefällt der Ansatz, dass er sich – mit uns – die Mühe für diejenigen macht, die hier die Natur genießen oder bewohnen. Ich glaube Ewald freut sich darauf, wenn im Winter der Skitoiurismus stattfinden kann. Während der Arbeit beantwortet uns Ewald jede Frage, die wir wissbegierig zum Thema Landschaftspflege, Schwarzwald und zum Leben als Landwirt im Schwarzwald stellen. Gut geschult und einer ordentlichen Lektion Heimatkunde im Gepäck geht es wieder bergab. Auf dem Weg zurück ins Dorf frage ich mich, warum ich in der Schule bei diesen spannenden Themen nicht besser aufgepasst habe. Damals war es cool wegzuhören – heute finde ich es wichtig, über die eigene Heimat und deren Bewirtschaftung Bescheid zu wissen.

Landwirt Ewald Klingele mit Hinterwaelder Rindern Suedschwarzwald

Der krönende Abschluss

Nach einem weiteren Abstecher zu einer Herde Hinterwälder Rinder und noch mehr Ziegen beginnt so langsam der Magen zu knurren. Wer arbeitet, muss auch essen. Logisch, dass Ewald bereits ein tolles Vesper für uns vorbereitet hatte. Auf dem Tisch stehen unterschiedlichste Produkte – natürlich von der Ziege. Wie sollte es auch anders sein. Sowohl Niklas als auch ich haben bisher noch keine Erfahrungen mit Ziegenfleisch gemacht. Aber wir wollen`s wissen und sind mehr als positiv überrascht, wie schmackhaft das Fleisch – das einem übrigens überhaupt nicht anblöckt – schmeckt.

Gut genährt und mit einem bisschen Wehmut das der Tag schon wieder rum ist, machen wir uns auf dem Heimweg zurück nach Freiburg. Draußen wird’s langsam dunkel. Wir fahren langsam entlang der gewundenen Straßen des immer schwärzer werdenden Schwarzwalds – und ganz ehrlich, es würde mich nicht wundern, wenn ich am Straßenrand den St. Nikolaus entdecken würde.

Weitere Infos zum Biosphärengebiet Südschwarzwald